Warum Du Schmerzen hast

Schmerzen sind für die Meisten in gewisser Weise etwas Alltägliches und dennoch höchstkomplex und in ihrer Tiefe kaum zu verstehen. Dies sorgt dafür, dass viele ihn auch nicht nachhaltig in den Griff bekommen. Ich versuche etwas Licht ins Dunkel der Schmerzphysiologie zu bringen, um dir zu erklären, wie genau das mit deinen Schmerzen eigentlich funktioniert.

Philipp Pöpken

6/15/20253 min read

Was ist Schmerz eigentlich?

Wenn du versuchst, den Begriff „Schmerz“ zu erklären, wirst du schnell merken: So einfach ist das gar nicht. Jeder hat schon einmal Schmerzen erlebt – aber was genau ist das eigentlich?

Die offizielle Definition der IASP (International Association for the Study of Pain) aus dem Jahr 2020 lautet:

„Schmerz ist eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichem oder potentiellem Gewebeschaden verbunden ist oder in Begriffen eines solchen Schadens beschrieben wird.“

Diese Definition ist jedoch nicht ganz unumstritten. Zum Beispiel empfinden manche Menschen – sogenannte Masochisten – Schmerz nicht als unangenehm, sondern sogar als positiv. Auch kulturelle Unterschiede spielen eine große Rolle: Einige Naturvölker gehen mit Schmerzen völlig anders um als wir. Statt Schmerz zu vermeiden, integrieren sie ihn in Rituale oder ertragen ihn still. Es wird also schnell klar: Schmerz ist eine hochindividuelle und kulturell geprägte Erfahrung.

Warum du Schmerzen hast – ein Blick in deinen Körper

Um zu verstehen, warum du Schmerzen empfindest, lohnt sich ein kleiner Ausflug in die Anatomie und Physiologie deines Körpers. Denn wie so oft zeigt sich auch hier: Dein Körper ist genial aufgebaut – und alles hat seinen Sinn.

In deinem Körper gibt es bis zu 5 Millionen sogenannte Nozizeptoren (vom lateinischen nocere = schädigen). Diese Rezeptoren sitzen in deinem Gewebe und haben die Aufgabe, eine Schädigung oder drohende Schädigung zu erkennen und zu melden.

Reagiert dein Körper auf eine solche Meldung, wird entweder dein muskuläres System aktiviert oder das vegetative Nervensystem – eine Art Autopilot, der im Hintergrund all deine lebenswichtigen Körperfunktionen automatisch steuert, ohne dass du bewusst darüber nachdenken musst.

Beispiel: Muskelfaserriss im Oberschenkel

Stellen wir uns vor, du reißt dir eine Muskelfaser im Oberschenkel. In dem Moment entsteht der primäre Schmerz. Dieser wird durch sogenannte Mechanorezeptoren aufgenommen, die mechanische Reize (wie Druck oder Zug) erkennen und über schnelle Nervenbahnen ins Gehirn weiterleiten.

Kurz nach dem Trauma tritt ein sekundärer Schmerz auf. Dieser wird über die erwähnten Nozizeptoren geleitet. Gleichzeitig schüttet dein Körper Neuropeptide, wie z. B. Substanz P, aus. Außerdem werden Immunzellen aktiviert und Wundheilungsfaktoren freigesetzt – ein sinnvoller Prozess, um die Heilung einzuleiten.

Dabei entsteht eine Hyperalgesie, also eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit. Dein Gewebe wird sensibler gegenüber Reizen – du spürst Schmerz also intensiver. Dieses Phänomen nennt man primäre Hyperalgesie. Sie hilft deinem Körper, dich über den Schmerz zu einer angepassten Belastung zu bewegen – damit du nicht zu früh zu viel machst und die Heilung störst.

Was hat das Rückenmark damit zu tun?

Um den Schmerz noch besser zu verstehen, müssen wir uns das Rückenmark genauer anschauen. Es verläuft innerhalb deiner Wirbelsäule und besteht aus zwei Bereichen:

  • dem Hinterhorn, wo alle sensorischen (fühlenden) Reize ankommen

  • dem Vorderhorn, von dem aus die motorischen (bewegenden) Reize zu deinen Muskeln weitergeleitet werden

Für uns ist hier besonders das Hinterhorn interessant. Denn in einem bestimmten Segment des Rückenmarks – z. B. L3, das mit dem Oberschenkel verknüpft ist – laufen nicht nur Reize aus der betroffenen Muskulatur ein, sondern auch aus benachbarten Bereichen: dem Iliosakralgelenk, der Wirbelsäule, dem Knie, der Hüfte oder dem Fuß.

Wenn nun durch Substanz P eine Sensibilisierung entsteht, sind nicht nur die verletzten Strukturen, sondern auch angrenzende Gewebe empfindlicher für Schmerz. Dieses Phänomen nennt man sekundäre Hyperalgesie. Sie tritt ca. 30 Minuten nach der Verletzung auf.

Das bedeutet: Obwohl z. B. dein Fuß gar nicht verletzt ist, fühlt er sich plötzlich auch schmerzhaft an. Dein Gehirn interpretiert die Nozizeption (die Weiterleitung des Schmerzreizes) falsch – ein Problem entsteht, wo eigentlich keines ist.

Was bedeutet das für die Therapie?

Für uns in der Therapie heißt das: Wir schauen immer auch auf die benachbarten Strukturen, wenn du Schmerzen hast. Unser Ziel ist es, die primäre Hyperalgesie zu behandeln, um damit auch die sekundäre zu beeinflussen.

Und zum Schluss: ein spannender Fakt

Bewegung kann Schmerz hemmen!
Mechanische Reize – also z. B. Bewegung – aktivieren Mechanorezeptoren, die wiederum hemmend auf die Weiterleitung von Schmerz im Rückenmark wirken. Das geschieht über sogenannte inhibitorische Interneurone.

Fazit für deine Therapie:
Bewegung und gezieltes Training sind ein zentraler Bestandteil, um deinen Schmerz positiv zu beeinflussen!

Wenn du Fragen hast oder deinen eigenen Schmerz besser verstehen und in den Griff bekommen möchtest, melde dich bei mir und beginne deine Therapie bei F3 Therapie!